Harninkontinenz bei der Frau

Harninkontinenz bedeutet den Verlust über die Kontrolle des Blaseninhalts, indem man Urin verliert. Man kann also nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr selber bestimmen, wann der Urin ausgeschieden werden soll.

Es gibt verschiedene Formen der Harninkontinenz. Die Ursache ist nicht bei allen dieselbe. Hier werden kurz die drei verschiedenen Formen vorgestellt, die mit dem Thema Geburt und Beckenboden zu tun haben. An erster Stelle soll die Belastungsinkontinenz thematisiert sein. Diese ist die häufigste Inkontinenzform während Schwangerschaften und nach Geburten und betrifft in einem besonders hohen Mass Frauen, die vaginal geboren haben.

Generell wird bei den beschriebenen Formen hier ausschliesslich auf die Ursachen bei den Frauen eingegangen. Selbstverständlich treten Formen der Harninkontinenz auch bei Männern auf und haben ihre Gründe in zum Teil spezifischen Themen von Männern.

Belastungsinkontinenz

Ein unzureichender Verschluss der Harnröhre und / oder eine schwache Beckenbodenmuskulatur bewirkt bzw. bewirken, dass bei körperlicher Belastung wie zum Beispiel Husten, Niesen, Lachen, Joggen und Rennen, Hüpfen, Treppensteigen, etwas Heben etc. Urin entweicht. Die Menge des Urinverlusts ist dabei sehr unterschliedlich. Diese reicht von wenigen Tropfen bis hin zu einem regelrechten Schwall an entweichendem Blaseninhalt.

Ursächlich für diese Form der Inkontinenz sei ganz besonders die vaginale Geburt genannt. Diese stellt eine besonders grosse Belastung für den Beckenboden dar. Risikofaktoren wie Alter der Mutter, grosser Kopfumfang des Kindes, hohes Körpergewicht des Kindes, Missverhältnis zwischen den mütterlichen Voraussetzungen des Geburtsweges und der Grösse oder / und des Kopfumfanges des Kindes, Lageanomalie des Kindes, Massnahmen unter der Geburt wie eine instrumentelle Entbindung (Zange, Saugglocke) und der Kristellerhandgriff gehören unter anderem zu Risikofaktoren, die Überdehnungen und Verletzungen des Beckenbodens und somit auch eine Belastungsinkontinenz zusätzlich begünstigen.

Als weitere ursächliche oder mitursächliche Faktoren werden Schwangerschaften, bestimmte Operationen, Übergewicht, Bindegewebeschwäche, eine verminderte Produktion von weiblichen Geschlechtshormonen in den Wechseljahren, chronischer Husten und schwere körperliche Arbeit genannt.

Da bei leichteren Formen ein Drittel und bei stärkeren Formen die Hälfte der Frauen angeben, Urin auch in der Sexualität zu verlieren, stellt dies auch für das Intimleben von vielen Betroffenen eine grosse Belastung dar.

Als Therapiemöglichkeiten stehen Beckenbodentraining bei für den Beckenboden spezialisierten Physiotherapeutinnen, eine Unterstützung mit Pessaren und Operationsmöglichkeiten zur Verfügung. Wir empfehlen für eine Diagnose die Vorstellung in einem Beckenbodenzentrum bzw. einer dafür spezialisierten Praxis. Für den Bereich der Blase sind Fachpersonen der Urogynäkologie zuständig.

Dranginkontinenz

Die Dranginkontinenz kommt seltener vor aufgrund einer Geburt. Bei dieser Form der Inkontinenz verspürt die Frau einen grossen und häufig auch plötzlichen Drang, auf die Toilette zu gehen, schafft es aber nicht mehr rechtzeitig dorthin. Es gibt verschiedene Gründe, weshalb Frauen unter einer Dranginkontinenz leiden. In Bezug auf unser Thema ist als eine mögliche Ursache oder Mit-Ursache die Blasensenkung zu nennen, welche als mögliches Symptom eine Dranginkontinenz zur Folge hat.
Es können nebst diesem Ursprung auch neurologische Krankheiten wie u. a. Morbus Parkinson oder Multiple Sklerose oder eine Krankheit wie Diabetes mellitus, eine Blasenentzündung, Blasensteine oder ein Östrogenmangel zu einer solchen Form der Inkontinenz führen.

Als Therapiemöglichkeiten stehen z. B. eine Anpassung der Lebensgewohnheiten (z. B. Trinkgewohnheiten und Ernährung), Beckenbodentraining, eine medikamentöse Behandlung, eine elektrische Stimulation, die zu Hause durchgeführt werden kann, eine Unterspritzung der Blasenwand und die Sakrale Neuromodulation (eine Art Blasenschrittmacher) zur Verfügung. Auch hier sind die Ansprechpersonen Urogynäkologinnen / Urogynäkologen im Beckenbodenzentrum oder einer spezialisierten Praxis.

Mischinkontinenz

Manche Frauen haben nach der Geburt beide Arten von Inkontinenz, es zeigen sich bei ihnen also sowohl die Symptome einer Belastungsinkontinenz als auch diejenigen einer Dranginkontinenz. Sie verlieren Urin sowohl bei körperlicher Belastung und erreichen gleichzeitig die Toilette nicht mehr rechtzeitig, wenn sie merken, wenn sie Harndrang haben. Wie stark die jeweilige Form ausgeprägt ist, ist individuell. Bei Frauen ist häufiger die Belastungsinkontinenz die dominierende Komponente. Die Behandlung setzt da an, wo der Leidensdruck am grössten ist.

Sollten Sie von dieser Form der Inkontinenz betroffen sein, ist – wie auch für die beiden erstgenannten Formen – Ihre Anlaufstelle die Urogynäkologie / das Beckenbodenzentrum.

Kathrin Häni, aktualisiert am 01.02.2025